Sehr alte Gustav Becker Standuhr / Diskussion ü. Geschichte

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petsch
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von petsch » Mi 7. Jun 2017, 08:51

Hallo Rolf-Dieter,
das mit der gefälschten Rolex ist nicht nur kein guter Vergleich, sondern völliger Nonsens. Und schon gar kein Argument.

Die Firmen in Freiburg und Umgebung sind allesamt nur wegen Gustav Becker und seinen ausgebildeten Arbeitskräften dort entstanden, GB war also der Ausgangspunkt. Wenn sie dann wieder wegen schlechter Geschäftslage oder Pleiten und drohender Pleiten, also in Krisenzeiten, zusammengefasst werden , warum darf sich eine Firma dann nicht wieder nach der Hauptfirma benennen und seine Produkte verkaufen ? So etwas war und ist doch Gang und Gäbe und gehört zur Geschichte fast jeder Fabrik.
Das hat doch noch nicht einmal einen Hauch mit gefälschten Uhren zu tun.

In der Zeit hat, nein musste, jede Uhrenfabrik unter Druck der vielen Konkurrenten und der Massenherstellung (auch oder besonders aus Amerika) an den Kosten arbeiten und billigere Qualitäten herstellen als noch 10 oder 20 JAhre vorher, d.h. sein Sortiment umstellen. Die, die es nicht, oder zu spät gemacht haben, sind Pleite gegangen oder wurden übernommen oder wie hier zusammengefasst. Die Produkte, die danach entstanden sind, sind doch nicht automatisch Fälschungen, sondern gehören zur Firmengeschichte, auch wenn der Inhaber, auch oft aus Altersgründen oder Todesfällen, inzwischen nicht mehr der alte war.


Und die Argumente : " "eine andere Meinung vertete als die meisten Händler von alten Uhren.."
und "...Das gerade der Handel überhaupt kein Interesse daran hat, die obskuren Methoden der Uhrenverkäufer im Ausland aufzudecken, kann ich verstehen..."
und : ..."nicht gleich auf Verkäufer unbesehen hereifallen, die da behaupten "Ganz echte Gustav Becker aus dem 19. Jahrhundert!" Gaaanz günstig! Greifen Sie zu!"

treffen mich wirklich nicht, (weil ich zu sehr weiß was ich mache, ich außerdem mit solchen Uhren kaum noch handel und weil man mich mit Sicherheit anders kennt) erinnern mich (nimms mir nicht übel) aber fast schon an eine politische Diskussion mit alternativen Fakten und Lügenpressevorwürfe um die andere Seite unglaubwürdig zu machen und seinen eigenen Aussagen mehr Wahrheitsanschein zu verleihen.

Leider haben solche Großuhren momentan eine große Flaute und die guten Zeiten (für Händler) wie in den 80ern sind lange vorbei, deshalb (auch weil mittlerweile die Reparaturkosten die Verkaufspreise übertreffen) handel ich kaum noch damit und es könnte mich kalt lassen, aber jedes Mal, wenn jemand eine Uhr von Gustav Becker in irgendeinem Forum vorstellt und ich Deinen langen Bericht lese, dass das ja nun mal überhaupt keine Gustav Becker ist, und das jede Jahresuhr von GB ja sowieso erst nach dem Krieg entstanden ist, muss ich mich ärgern.

Deshalb nimm mir meine Worte nicht übel, aber ich musste das mal so deutlich sagen. Vor allem, weil Du über Deine jeweiligen Aussagen und Zuordnungen (wie auch hier bei dieser Standuhr) zuerst keine Zweifel aufkommen lässt, sondern sie als absolute Wahrheit ausführst, jedenfalls solange, bis Du vom Gegenteil überzeugt wurdest. Bis dahin kann das aber schon Schäden angerichtet haben.
Deswegen habe ich nach Beweisen gefragt, weil ich Deine Aussagen immer so lesen, als ob überhaupt nichts anderes in Frage kommt und Du ja derjenige bist, der diese Aussagen so vehement vertritt und vor allem, weil es viele Leser gibt, die das so ungefragt übernehmen und auch wieder weitergeben, auch weil sie wegen Deiner ausführlichen Reparaturberichte davon ausgehen, dass Du der Fachmann überhaupt bist. Aber Reparatur und Einordnung in Zeiten sind zwei ganz unterschiedlich Dinge. Beides kann man umso besser, je mehr Erfahrung man auf dem jeweiligen Gebiet gemacht hat.
Bei Uhren gibt es auch hin und wieder mal Eingravierungen oder Plaketten, weil sie Geschenke waren. Auch auf Sockeln von Jahresuhren. Auch das sind Bruchstücke zur zeitlichen Einordnung, die ich reichlich gehabt habe. Leider habe ich so etwas nie fotografiert, was mich heute ärgert.

Zu den Jahresuhren und überhaupt antiken Dingen in Amerika : Da sind vielleicht auch Uhren von amerikanischen Soldaten mitgenommen worden, der überwiegende Teil wurde aber von großen Händlern in der Nachkriegszeit , aber vor allem in den siebzigern und achtzigern in Containern hier in Europa eingekauft und rübergeschifft. Von England beispielsweise unzählige Standuhren, aus der DDR und den Ostblockstaaten viele Regulatoren, Gewichtsregulatoren und Möbel. Da gab es Großhändler, die haben containerweise gehandelt. Und das regelmässig. Die haben viel Geld damit verdient, aber damals waren da üblicherweise keine Fälschungen oder neue Dinge dabei, dazu waren die alten noch viel zu billig. In den Zeiten haben die Leute hier große "Antiquitäten" noch an die Strasse gestellt bei der Sperrmüllabfuhr. Das hat sich in den siebzigern und achtzigern erst langsam wieder gegeben und erst dann kam der große Antikboom und jeder fand antike Stücke wieder toll.

Der Dollar war stark und die Amerikaner konnten in Europa für wenig Geld viel kaufen. Sicher haben auch Soldaten das ausgenutzt und solche Dinge mitgenommen wenn sie hier stationiert waren, aber das ist doch kein Beweis dafür, dass diese Uhren neu waren. Die gab es hier einfach billig zu kaufen. In den achtzigern, als Antiquitäten bei uns richtig in und gesucht waren, gab es außerdem hier in Deutschland noch kaum Sammler für Jahresuhren (allenfalls die frühen oder die französischen in 4 Glasgehäusen) . Die Drehpendeluhren gab es ja mit Quartzwerk zu kaufen und die älteren mechanischen wurden damit in einen Topf geworfen und als Kitsch empfunden. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, weil ich in den 80ern schon gehandelt habe. In Amerika kam das wahrscheinlich besser an.

Jahresuhren von Gustav Becker habe ich auch einige gehabt im Laufe von fast 40 Jahren. Keine und wirklich keine, kam aus der Zeit, die du meinst. Und Du kannst mir glauben, ich kann eine 100 Jahre alte Uhr von einer neuen an den Gebrauchsspuren und auch vor allem der Ausführung unterscheiden. Zumal es im Ostblock starken Materialmangel gab und man gar nicht mehr so herstellen konnte wie vor dem Krieg.
Die GB Jahresuhren, die ich in den letzten 20 Jahren gehabt habe, kamen fast überwiegend aus Skandinavien zurück. Ich habe in Kopenhagen Freunde, die Händler sind und ihre Uhren fast ausschließlich aus alten Haushalten, also von Privatleuten im Ladengeschäft ankaufen. Da gibt es für mich schon deshalb überhaupt keinen Zweifel an dem Alter. In Dänemark und Schweden gab es nicht diesen Erneuerungswahn wie bei uns nach dem Krieg, als es Deutschland wieder besser ging. In Deutschland wurden alte Dinge in großem Maße entsorgt und mit aufkommendem Wohlstand durch neue ersetzt. In Dänemark, das ja auch kaum Kriegsschäden hatte, kann man ja wegen fehlender Gardinen so schön in die Häuser hineinsehen und man konnte sonst immer fast in jedem Haus alte schöne Dinge sehen. Da haben sich viel mehr alte und antike Dinge erhalten als bei uns.

Ich schätze Deine Reparaturberichte und sie bereichern unser Forum, daran gibt es keinen Zweifel, aber die Einordnungen von Uhren in bestimmte Zeiten und Theorien , da solltest Du vielleicht am Anfang nicht immer ganz so "überzeugend" auftreten. Zu schnell verbreiten sich im Internet falsche Theorien und Aussagen und werden noch dann weitergegeben, wenn Du vielleicht schon längst wieder vom Gegenteil überzeugt bist.

Gruß
Peter

steffl62
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von steffl62 » Mi 7. Jun 2017, 11:58

Halo Peter,
ich seh das in diesem Fall auch eher wie Rolf-Dieter. Die Firma Gustav Becker hat sich vor 1900 völlig zu recht einen sehr guten Ruf erarbeitet. Die Werke waren hoch qualitativ und sehr gut gefertigt. Als dann später die Namensrechte an diverse andere Firmen übergingen versuchten sich diese Ihre viel minderwertigeren Produkte hinter dem immer noch guten Namen von Gustav Becker zu vermarkten. Ich glaube aber nicht das in diesen Firmen die selbe oder auch nur eine ähnlicher Kultur in der Produktion, der Entwicklung und dem Management geherrscht haben wie bei G.B. Vielleicht sehe ich das ja zu eng und rein juristisch war das ja sicher auch in Ordnung aber eigentlich war es, zumindest für mich, eine Art Betrug am Kunden oder? Bezeichnend dafür ist z.B. Junghans 1936 noch eine Bildmarke mit G.B. schützen ließ als "Gebr. Junghans AG, Werk Gustav Becker Schramberg, Deutschland" und da war von den ursprünglichen G.B.-Standards sicher schon lange keine Rede mehr. Ich denke auch das ab 1900 (VFU) nur mehr der gute Name für weitaus schlechtere (billigere) Qualität ausgeschlachtet wurde.

lg Christian
.
Fragen, Korrekturen und Ergänzungen zu meinen Beiträgen sind ausdrücklich erbeten und gewünscht!

petsch
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von petsch » Mi 7. Jun 2017, 15:03

Christian, ihr tut so, als wenn die Uhrenfabrik Becker am 01.Januar 1900 aufhörte zu existieren oder als wenn es nur noch um Namensrechte ging.

Aber das war bei weitem doch nicht so.
GB hörte doch nicht abrupt auf die alten Modelle zu bauen. Die wurden weitergebaut und nebenbei zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage wurden Uhren entwickelt, die günstiger in Massen hergestellt werden konnten.

Nur mal ein kleiner Abriss der Geschichte von GB, bzw. der Vereinigten Freiburger Uhrenwerke (deren Hauptbestandteil aber die frühere GB Uhrenfabrik war) um 1900, so wie ich ihn kenne :

GB war bei weitem die größte der Fabriken in und um Freiburg und aus ihr und den anderen kleineren Fabriken, die aber in den Jahrzehnten vorher auch aus GB hervorgegangen waren, wurde wieder eine Firma gemacht. Und das unter dem Namen Gustav Becker, denn sie war die größte und bekannteste und überhaupt die Ursprungsfirma. Ich bin noch nicht einmal sicher, ob in allen anderen Fabrikstätten überhaupt weiterhin noch Uhren gebaut wurden. Da war doch kein Betrug dabei, wenn die Firma dann auch weiter den Namen Gustav Becker benutzte.Und Dein Vergleich zu einer gefälschten Rolex ist völliger Blödsinn.

Ich habe Uhren von Endler, Concordia und Germania gehabt (jetzt gerade habe ich noch einen Minigewichtsregulator von Germania), also von Firmen, die, wie ich meine wohl nach Gustav Becker die größten in Freiburg waren und die auch zu dem Zusammenschluss gehörten. Wie groß waren diese Firmen denn ? Nur mal so gefühlt, würde ich sagen, dass auf 100 Uhren von GB (vor 1900) jeweils eine Uhr dieser Firmen kommt. Vielleicht auch etwas mehr, aber eigentlich unbedeutend gegenüber GB. Das sind zwar jetzt grob geschätzte Zahlen, aber wie oft sieht man mal ein Werk, das mit Endler, Concordia oder Germania gestempelt ist ? Und wie oft tauchen GB- Werke auf ?
Das waren aber alles keine schlechteren Qualitäten als die ehemaligen Becker-Uhren. Das waren also "gute" Uhren. Aber die Namen waren mehr oder weniger unbekannt und die Produktionszahlen jeweils im Einzelnen gerechnet, im Verhältnis zu Becker, waren klein.

Aber alle Fabriken hatten zum Schluss hohe Verluste gemacht und es ging nicht mehr so weiter. Die Uhren waren zu teuer. Die Geldgeber mussten die Reißleine ziehen.

Der Staat und die Banken wollten Arbeitsplätze und Geld retten. Sie trauten Becker und den einzelnen anderen Fabriken anscheinend nicht mehr zu, das alleine zu schaffen. So wurde auf eine Zusammenfassung der Fabriken gedrängt und es wurden auch Retter gesucht.

So wie das heute auch noch geht, wenn eine Firma es nicht mehr schafft sich alleine zu halten. Wenn also die Geschäftspolitik nicht mehr zeitgemäß ist oder man es wenigstens meint.

Einer dieser "Retter" war Paul Landenberger von der Hamburg-Amerikanischen Uhrenfabrik. Und da der schon Erfahrung im Bau von günstigeren Uhren hatte, wurde ihm die Produktentwicklung unterstellt. (ich glaube das billigere Werk "Silesia" wurde dann unter ihm entwickelt) . Man stieg (ich glaube, das war auch nach 1900) in die Weckerfertigung ein, man wollte (vor 1920) eine Taschenuhrenfertigung aufbauen und was weiß ich, was man noch alles unternahm um die Fabrik Gustav Becker wieder erfolgreich zu machen.

Weiterhin blieb auch einer der Söhne von Gustav Becker (Gustav war ja schon 1885 gestorben), auf einem Direktorenposten. Durch die anderen Geldgeber hatte aber natürlich die Familie Becker nicht mehr allein das Sagen, was ja auch gewollt war. Aber, sie war noch maßgeblich daran beteiligt.

Es war immer noch die gleiche Uhrenfabrik "Gustav Becker". Besser gesagt VFU mit dem Firmenzeichen von Becker, dem Anker und GB

Es war noch der Ort Freiburg,

Es waren noch die gleichen Gebäude, bzw. wurden noch Gebäude dazugebaut wie beispielsweise die zentrale Verwaltung.

Es waren noch die gleichen Arbeiter.

Da stinkt ein Vergleich mit einer in China gefälschten Rolex doch zum Himmel.

Warum sollte man einen anderen Namen als GB nehmen ? Oder sollte man ab jetzt etwa auch Anzeigen schalten : "Achtung , wir verbauen jetzt, wie unsere meisten Konkurrenten, auch billigere Werke, deshalb haben wir den Namen auf "Billiguhrenfabrik soundso" geändert !" ?

Es bestreitet ja niemand, dass ab 1900 immer mehr die Qualität der Quantität wich, wie bei den anderen deutschen Fabriken auch und das ganz besonders noch einmal in den Jahren der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre (also erst fast 30 Jahre nach dem Zusammenschluss der Uhrenfabriken) als Junghans dann die Federführung bekam und eigentlich alle Uhrenfabriken in Deutschland am Ende waren.

Junghans versuchte Ende der zwanziger Jahre wohl noch einiges, um die VFU/GB und schließlich auch sich selbst über die Runden zu bringen, unter anderem durch gemeinsame Produktionen, (heute ist es doch auch usus, dass sich große Firmen zusammenschließen und Produktionen verschlanken, sprich Arbeitsteilung machen um Arbeitskräfte , sprich Geld zu sparen, in der Welktwirtschaftskrise kämpften alle ums Überleben und da war es noch wichtiger) aber es half nichts und Junghans gab die Fabrik in Freiburg schließlich auf und verkaufte von seinem Stammsitz noch weiter Uhren unter dem Namen GB. Aber, das war nur ein kurzer Zeitraum (Du @ Christian sprichst von einem Werk von 1936, das war aber ein drittel Jahrhundert nach dem Zusammenschluss von 1900) bis der Krieg dann allem mehr oder weniger ein Ende machte. Ich glaube Junghans ist dann in die Rüstungsproduktion eingestiegen und hat damit (für manche zweifelhaften) Erfolg gehabt.
Die Übernahme von VFU/GB durch Junghans und die Benutzung der Namensrechte war somit über ein Viertel Jahrhundert nach dem Zusammenschluss der Freiburger Fabriken. Nach Eurer und besonders der Darstellung von Rolf-Dieter sieht das aber so aus, als wenn nach 1900 sofort alles Schmu war und nur noch minderwertiger Schund durch IRGENDWEN, aber nicht mehr durch die Fabrik GB produziert wurde.

Das ganze war aber eine stetige Entwicklung über mehrere Jahrzehnte von ein und derselben Fabrik, bzw. auch den zwischenzeitlichen Abkömmlingen und gehört einfach zur Geschichte von GB und stellt nicht abrupt ab dem 01.01.1900 eine neue Geschichte dar, wie Rolf-Dieter und jetzt auch Du es siehst und wie es vielleicht heute manchmal so ist, wenn ein deutscher Name gekauft wird und dann unter diesem Namen in China oder anderswo dann etwas ganz neues anderes hergestellt wird. Da ist dann wirklich nur der Name geblieben. Hier blieb aber bei der Vereinigung 1899 die Fabrik , der Ort und die Arbeiter die gleichen und längere Zeit auch die Produkte, die aber nach und nach durch günstigere Entwicklungen ergänzt wurden. Daneben wurde aber immer weiter auch noch gute Qualitäten gebaut, wie z.B. Standuhren, Uhren mit Westminsterschlag und die Sekundenpendeluhren als Uhrmacherreferenzuhren.

Es war bis Ende der zwanziger Jahre immer noch die Uhrenfabrik Gustav Becker, die sogar nach 1900 wieder mehr Uhren in Freiburg baute und verkaufte und die Beschäftigtenzahl stark vergrößerte.

Es war die Uhrenfabrik Gustav Becker, auf die die Stadt Freiburg und ihre Bürger heute noch stolz sind.

Es war die Uhrenfabrik Gustav Becker deren Zeichen und Uhren noch in den zwanziger Jahren die Notgeldscheine von Freiburg zierten, weil es da noch der wahrscheinlich größte Freiburger Arbeitgeber war. Freiburg identifizierte sich also mit der Uhrenfabrik Gustav Becker.


Es kann deshalb doch nicht sein, dass jeder Besitzer einer GB-Uhr nach 1900 hier so behandelt wird, als wenn er sich schämen müsste, seine Uhr als "Gustav Becker" bezeichnet zu haben ! Oder als ob er einen Fehler gemacht hat, eine Uhr zu kaufen auf der nach 1900 noch der Name Gustav Becker eingestempelt wurde ! Das waren doch keine chinesischen Fälschungen sondern Uhren aus der GB Fabrik

Und würdet ihr das gleiche sagen, wenn der alte Gustav oder seine Söhne selbst noch vor 1900 die Zeichen der Zeit erkannt hätten und ohne Druck von aussen versucht hätten, günstigere Werke herzustellen und hätten den Namen "Gustav Becker" natürlich auch beibehalten ? Oder wäre das dann etwas anderes gewesen?

Andere Beteiligte, also Geldgeber an der Fabrik hat es von Gründung der Fabrik an gegeben. Der Staat, um Arbeitsplätze zu schaffen und mit dem die Probleme eigentlich erst anfingen, denn, wenn meine Informationen stimmen, bestand der in guten Zeiten erst darauf, dass sich aus der Stammbelegschaft von GB andere Fabriken gründen sollten (mit der Absicht noch mehr Arbeitsplätze zu schaffen) und als die da waren, gab es sozusagen Konkurrenz aus dem eigenen Haus, die das Leben von GB in schlechterer Zeit zusätzlich schwer machte. Die Banken natürlich, um Geld zu verdienen.

Ich hätte mich da gar nicht so reingehängt, aber zusätzlich geht es ja noch noch um die angebliche Produktion von "antiken" Uhren bei Metron ab 1951 bis in die 80er Jahre.

Das ist wieder ein ganz anderes Thema, das überhaupt nichts mit der Fusion um 1900 zu tun hat und das darf man nicht vermischen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es dort keine Jahresuhrenproduktion gegeben hat. Jedenfalls nicht der alten normalen Modelle, um Kunden im großen Stil nachgemachte Antiquitäten zu verkaufen. Rolf-Dieter stellt das aber als Tatsache hin und für mich ist das eine sehr gewagte Behauptung die überhaupt nicht meinen Erfahrungen mit diesen Uhren entspricht und auch nicht den Erfahrungen mit der Produktion im Ostblock. Alles fabrikmäßig gefälschte ( nicht das in Handarbeit gefertigte Einzelstück) , was von dort kam, kann man als Fachmann sehr gut erkennen und unterscheiden. Falls dort irgendwann einmal mehr oder weniger handgemachte Einzelstücke als Museumsanschaungmaterial gebaut worden sind, ist das etwas ganz anderes.

Und es ist in unseren Internetzeiten wirklich leider so, dass man so ein Gerücht kaum mehr aus der Welt bekommt wenn das einmal (bzw. hier ja jedesmal, wenn eine solche Uhr vorgestellt wird) in die Welt posaunt worden ist. Egal ob es wahr ist oder nicht. Auf einmal fühlt sich jemand berufen, das bei Wikipedia einzutragen und dann ist aus einem unbewiesenem , in meinen Augen sogar ausgedachtem Gerücht (aus falsch gezogenen Schlüssen folgend) , eine "Wahrheit" entstanden.

Gruß
Peter

@ Mike
Es tut mir leid, wir haben das Thema verlassen bzw. wir streifen es nur noch, aber ich denke, zu Deiner Uhr ist alles, was Du hier erfahren kannst, gesagt. Deine Fachfrau aus Andernach wird dazu nichts anderes sagen.

@ Rolf-Dieter Ich schätze Dich sehr, Deine tollen Beiträge, Deine Hilfsbereitschaft und vieles mehr, sind eine Bereicherung für unser Forum, aber diese Niedermachung von Dingen, die Du nicht magst oder die du anders empfindest, die Du dann so vorträgst, als wenn es keine andere Sichtweise geben dürfte, die regt mich ehrlich gesagt auf , wie man hier wohl gemerkt hat :twisted: und ich musste da mal, nachdem ich oft geschluckt habe, gegenreden . Ich hoffe aber, Du kannst mit dieser Meinungsverschiedenheit leben.

Und bitte, wenn jemand mit einer Junghans oder einer Pfeilkreuz mit einem Sparwerk aus der Zeit in ein Forum kommt (nicht nur in unser) , dem wird doch auch nicht gleich gesagt, was für eine "Sch....-Uhr er hat, warum ist dann bei einer GB nach 1900 der erste Satz : Du weisst aber schon das das gar keine GB ist ?

Warum die doch den Namen GB tragen darf, eben nur aus schlechterer Zeit ist, habe ich, so denke ich jedenfalls, mehr als ausreichend erklärt. (Eine Uhr, die nach 1930 komplett nicht mehr in Freiburg gebaut ist und dann wirklich nur noch wegen des Markenrechts von Junghans das Zeichen trägt, nehme ich da mal aus, aber das war doch dann wirklich das absolute Ende von GB nach einer langen Firmengeschichte auch noch nach 1900)

besra
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von besra » Do 8. Jun 2017, 13:44

Hallo zusammen,

besonders Rolf-Dieter und Peter. Ich finde Eure Diskussion sehr interessant und Aufschlussreich. Wo erfährt man schon so viel von einer einzelnen Firma in einem Internetforum.
Da ich mich mit GB überhaupt nicht auskenne und nun zwei Standpunkte auf dem Tisch liegen erlaube ich mir eine eigene Meinung dazu: Wahrscheinlich kann man es so oder so sehen.
Wenn ich heute einen Kühlschrank von AEG kaufe, dann ist das ein Gerät von Electrolux mit AEG-Logo, hat aber mit der alten AEG nichts zu tun. Hier halte ich es wie Rolf-Dieter. Oder man denke an Batterien von Blaupunkt, die heute in vielen Supermärkten herumfliegen. Hat mit der alten Radiomarke nichts mehr zu tun.
Wenn ich andererseits heute einen Artikel vom bekannten Modellbahnhersteller Märklin kaufe, dann ist das auch nicht mehr die Firma von vor 20 Jahren. Nach Pleiten und Wechseln in der Führungsetage gehört das Unternehmen heute einem anderen Spielzeughersteller. Jedoch: Für mich ist das noch dieselbe Firma, in derselben Tradition mit oft noch denselben Mitarbeitern. Die strenge Auslegung von Rolf-Dieter würde ich hier nicht anwenden wollen - gleichwohl könnte und wird der ein oder andere das mit einigem Recht sicher tun.

Eure beiden Standpunkte sind subjektiv bestimmt richtig, welcher objektiv der "richtigere" ist, kann ich nicht beurteilen. Muss man glaube ich auch gar nicht. Es ist gut zu wissen, dass es diese zwei Auffassungen gibt. Sollte ich - außerhalb des Forums - jemals in eine Diskussion über GB verwickelt werden, könnte ich dank Euch allerlei dazu beitragen :) .
Deshalb nochmals: Danke Euch beiden!

Grüße
Bernd

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Der_Stromer
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Der_Stromer » Do 8. Jun 2017, 18:12

Hallo @ All, die hier interessiert mitlesen :D .

Zitat Peter:

@ Rolf-Dieter Ich schätze Dich sehr, Deine tollen Beiträge, Deine Hilfsbereitschaft und vieles mehr, sind eine Bereicherung für unser Forum, aber diese Niedermachung von Dingen, die Du nicht magst oder die du anders empfindest, die Du dann so vorträgst, als wenn es keine andere Sichtweise geben dürfte, die regt mich ehrlich gesagt auf , wie man hier wohl gemerkt hat :twisted: und ich musste da mal, nachdem ich oft geschluckt habe, gegenreden . Ich hoffe aber, Du kannst mit dieser Meinungsverschiedenheit leben.
Und bitte, wenn jemand mit einer Junghans oder einer Pfeilkreuz mit einem Sparwerk aus der Zeit in ein Forum kommt (nicht nur in unser) , dem wird doch auch nicht gleich gesagt, was für eine "Sch....-Uhr er hat, warum ist dann bei einer GB nach 1900 der erste Satz : Du weisst aber schon das das gar keine GB ist ?
Zitat Ende.

Also, ich bin da eigentlich recht wenig empfindlich, solange man (frau) auf dem Boden der Tatsachen oder Geschichte Bleibt. Dass es verschiedene Meinungen über Sachverhalte gibt und immer geben wird, habe ich in meinem Alter sichelich gerlernt, Peter. So schnell bringt mich nichts mehr aus der Ruhe :mrgreen: . Streitgespräche (Geschreibe) gehört nun mal dazu.

@ Bernd:
Na ja, aber Elektrolux hat die Markenrechte an der AEG gekauft, so wie der Türkische Hersteller auch den Namen Grundig :mrgreen: . Mit MÄRKLIN verhält sich das ähnlich, wobei MÄRKLIN ja als AG firmierte (verdammt, habe vergessen, ab wann :cry: ). Da können dann die Geschäftsführer wechseln wie Weiland die Unterwäsche, ändert nichts am Namen.

@All (auch Peter):
Bei den Uhrenfabriken im Freiburger Umland vor 1900 war die Situation etwas anders. Holen wir aus: 1870 -71 hat das Deutsche Reich einen Krieg gewonnen, der - wie alle Auseinandersetzungen mit Mord und Totschlag - gravierende Beeinträchtigungen nach sich gezogen hat. Z.B. haben das Zarenreich und auch die k.u.k. Monarchie ihre Zollgrenzen fast geschlossen und auch auf Uhren bezogen, die Einfuhr von kompletten Uhren mit einer Strafsteuer belegt (kennen wir doch, oder? USA droht damit, China macht es und so weiter). Der lukrative Markt "über die Grenzen" brach daramatisch ein und das führte zu Überkapazitäten besonders in der Freiburger Uhrenindustrie. Und jetzt kommt es: Gustav Becker, Patriarch und Herr seiner Firma, Musste Geld einsparen. Den Mitarbeitern wurden die Löhne um bis zu 30% gekürzt. Urlaub gestrichen, Arbeitszeit erhöht (warum, weiß der Teufel. Wenn keine Arbeit da war....). Aber nicht genug damit. Sogar Unterhaltungen am Arbeitsplatz wurde verboten und das Lesen z.B. von "Umstürzlerischer Literatur" gemeint waren Flugblätter der Sozialdemokraten, etc. mit fristloser und sofortige Kündigung bedroht.
Unter diesen Aspeckten wollten viele der Mitarbeiter von GB nicht mehr für ihren Herren arbeiten. Sie kündigten und machten sich selbststständig. Auf einmal gab es also nicht nur Gustav Becker, sondern sie machten sich - mit Hilfe der Berliner Bank - selbstständig. So waren es dann vor 1900 um die 20 Uhrenfabriken im Raum Freiburg, die natürlich ihre Produkte auch an den man bringen wollten. Die Besitzer hatten aber 0 Ahnung von Büchführung, Finanzen, etc. Dass konnte nicht gut gehen. Sie mussten ja Leben und Familien unterhalten, Mieten zahlen, Werkzeuge kaufen, Kredite abzahlen. Und das waren u.A. auch Namen, die uns heute noch bekannt sind, aber meistens nicht mehr in diesem Zusammenahng gesehen werden: Willmann & Co, Victoria - Sölch & Jäckel, Endler & Co und so weiter (frage mal H.H. Schid, der weiß das ganz genau, hat er doch sehr lange und intensiv daran geforscht). Alle diese Aspeckte führten dazu, dass alle Uhrhersteller dieser Region zum Teil stark überschuldet waren, auch GB! Die Berliner Bank als Hauptgeldgeber wollte eigentlich rigoros (wie Banken eben so sind) klar Schiif machen, aber die Regierung wollte, wie ja schon geschrieben, keinen Aufstand in Schlesien. Daher MUSSTE die Berliner Bank - war übrigens der einzige Gläubiger - eine Lösung finden und das war der Zwangszusammenschluss! Das das Zeichen GB noch weiter verwendet wurd, ist eigentlich in dieser Situation erklärlich. Waren doch die Produkte der ehemaligen Uhrenfabrik Gustav Becker in allen Haushalten und auch in den Poststellen und Behörden greifbar nahe. Hier einen neuen Markennamen einführen zu wolle, wäre finanzieller Selbstmord gewesen.
Zu Beginn der VFU AG waren ja auch zwei Herren der Beckerfamilie für die Leitung verantwortlich - die Berliner Bank konnte ja nur die verfügbaren Fachkräfte nutzen. Das schlimme war nur, dass sich die Situation nicht besserte, sonder die Verluste noch weiter stiegen. Und wie heute auch, wurde erstmal ein Schuldiger gesucht und ein neuer Geschäftsführer bestellt: Wie Frank bereits geschrieben hat, der Eigentümer der HAU.
Es kam, wie es kommen musste: Auch das half nichts :cry: . Letzter Rettungsanker für die Berliner Bank war dann Junghans. Aber dartüber lasse ich mich lieber nicht aus, sonst zündet mir einer der Junghans-Freaks noch die Hütte überm Kopf an :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

Fassen wir also kurz zusammen:
9 Uhrenhersteller waren bei der Berliner Bank überschuldet (es war wirklich nur diese eine Bank. Wahrscheinlich war allen anderen Banken das Risiko von vornherein zu hoch). Die BB wollte rigoros ihre Verluste begrenzen und die meisten Fabriken schließen, was die Politik aus begreiflichen Gründen heraus verhinderte. Es wurde ein vollkommen neue Uhrenfabrik gegründet, die VFU AG. Diese nutzte die Lagerbestände, Maschinen, Werkzeuge, Räumlichkeiten, etc. der Vereinigten. Statt eine neue Marke zu kreiren, wurde GB weiter verwendet.

Es bleibt jetzt dem geneigten Leser überlassen, zu entdecken, ob das nun noch GB-Uhren waren, die dort produziert wurden. Meine Meinung dazu ist bekannt: NEIN!!

@ Peter: Ich weiß, das meine Schreibe hin- und wieder sehr Spitz ist. Aber ich glaube, das gehört dazu, oder? Eigentlich mag ich Dich ja auch, und wenn Du jetzt noch verrätst, wie hier im Forum die verdamte Rechtschreibprüfung aktiviert wird, sind wir wieder Freund bis ans Ender aller Tage......
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Taloon » Do 8. Jun 2017, 21:59

Der arme Peter tut mir schon fast ein wenig leid, er scheint sich ja ernsthaft mit der Geschichte von Becker auseinandergesetzt zu haben und wird dafür dann noch runter geputzt...

Den anderen Experten empfehle ich mal selbst intensiv zu recherchieren, die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden bietet die Möglichkeit dazu.
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von petsch » Fr 9. Jun 2017, 01:07

Taloon hat geschrieben:und wird dafür dann noch runter geputzt...
8-) naja, so empfinde ich das nicht, ich fühle mich noch ganz gut dabei, und ich bin ja sogar angefangen, hatte fast schon ein schlechtes Gewissen, dass ich so einen "Herrman" davon gemacht habe.
Aber die ganze Sache interessiert ja anscheinend doch ein paar Leute.

Ich bin auf jeden Fall froh, dass Du den Ausschnitt hier zeigst und überhaupt gefunden hast. So etwas aus der Zeit habe ich gesucht und nur immer Berichte aus heutiger Zeit gefunden. Er zeigt die Vereinigung genau so wie ich sie mir nach meinen Informationen vorgestellt hatte. Danach ging es nicht von der Bank aus, sondern von den Fabriken selbst (bzw. hatte ich gelesen, dass die preussischen Behörden das wollten) und dass, wie es mir scheint, eben doch GB die treibende Kraft für die neue Aktiengesellschaft war.

Auch dass eine andere Bank als die Berliner Bank, nämlich das Bankhaus Heimann aus Breslau die Vereinigung, bzw. die Käufe der Fabriken finanzierte, hatte ich schon irgendwo gelesen, konnte es nur nicht wiederfinden. Die Berliner Bank wurde, so weit ich weiß, auch erst nach dem Krieg gegründet. Vielleicht ist mit Berliner Bank, wovon Rolf-Dieter geschrieben hat, ein anderes Bankhaus gemeint, bei dem einige Schulden hatten oder , was vielleicht noch wahrscheinlicher ist, sogar die Preussische Regierung, denn die hatte auch mitzureden, da sie vorher als Förderer aufgetreten ist, um Arbeitsplätze zu schaffen.
Außerdem schreibt auch Hans-Heinrich Schmid in seinem Lexikon (allerdings habe ich nur den ersten Band), dass die Behörden verlangt haben, dass GB vorher diese Neugründungen zuließ und dass sie später, als es allen schlechter ging, aus Wettbewerbsgründen auf eine Wiedervereinigung drängten. Vielleicht träumten die Preussen am Anfang, als sie möglichst viele Uhrenfabriken entstehen lassen wollten, von einem Gegengewicht zur französischen Uhrenindustrie neben dem Schwarzwald.

Auch über die ersten Verantwortlichen hatte ich eine andere Information, die der Zeitungsbericht jetzt auch bestätigt. Die Herren Deurer und Landenberger von der Hamburg-Amerikanischen Uhrenfabrik waren als auswärtige Fachleute von Anfang an dabei. Und wenn Hans-Heinrich Schmid sich nicht in der 2. Auflage seines Lexikons revidiert hat, dann ging es auch nach dem Zusammenschluss und der damit verbundenen Restrukturierung nicht weiter mit den Schulden, sondern langsam aber stetig aufwärts.

Erst die Inflation 1925 und die Weltwirtschaftskrise brachten dann nach über einem Viertel Jahrhundert mit guten Geschäften Junghans ins Spiel. Das ist eine lange Zeit für eine Fabrik und die rafft ihr @ Rolf-Dieter und @ Christian zusammen und schert die ganze Zeit über einen Kamm.

Absprachen mit Junghans und der HAU sollten die Produktion nach 1925 günstiger machen, dazu vereinbarte man 1927 eine Zusammenarbeit und ich glaube 1930 übernahm dann Junghans die Fabrik vollständig, d.h. erst über. 30 Jahre nach dem Zusámmenschluss wurde dann wirklich der Name GB sozusagen missbraucht und Uhren damit geschmückt, die reine "Junghänse" waren und die noch nicht einmal mehr in Freiburg gebaut worden sind.
Das war aber dann das Ende , wie ich es vorher schon einmal genau so geschrieben habe. Also kann man noch mindestens über 25 Jahre (nach 1900) von wirklichen Gustav Becker Uhren sprechen.

Gruß
Peter

steffl62
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von steffl62 » Fr 9. Jun 2017, 08:02

Hallo Peter,
ich gebe zu das man wahrscheinlich keine eindeutige Grenze ziehen kann, das verschwimmt ziemlich in den wirren der Zeit. Für mich bietet sich dabei halt die Gründung der VFU als Ende der reinen GB-Uhren an. Aber da kann man natürlich trefflich drüber streiten. Was mich halt stört ist das der technische und qualitative Aspekt bei Deiner Sichtweise, meiner Meinung nach, zu kurz kommt. Wenn Du Dir ein GB-Werk von vor 1900 ansiehst findest Du dicke Vollplatinen mit hochwertig verarbeiteten Rädern und Trieben in massiver Ausführung. Wenn Du das jetzt mit den späteren billigst gemachten Amerikanerwerken vergleichst gibt es da einen riesen Unterschied trotzdem sind beide mit GB gestempelt. Von den ursprünglichen hochwertigen Werken die zu dem guten Namen geführt haben ist aber bei diesen Sparwerken nichts mehr zu finden. Auch wenn sie, zumindest teilweise, in der gleichen Fabrik nur zu einem späteren Zeitpunkt entstanden sind haben sie doch mit den ursprünglichen Gustav Becker Qualität rein technisch nichts mehr zu tun. Aber ich lasse mich gerne auch eines bessern belehren, allzuviel Erfahrung mit den moderneren Werken nach 1900 hab ich ja auch nicht. ;)

lg Christian
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petsch
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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von petsch » Fr 9. Jun 2017, 10:37

Hallo Christian,
das ist für mich überhaupt keine Frage, nach 1900 wurden die Qualitäten der Uhren schlechter !
Da hast Du vollkommen Recht. Aber genau so war es in anderen Uhrenfabriken auch.

Mir gings einfach nicht um die günstigere Bauweise, sondern um die ungerechtfertigte Benutzung der Marke Gustav Becker, was ja von Rolf-Dieter angeprangert wird.

Eine andere Qualität war eine geschichtliche Entwicklung, denn durch den enormen Druck der Konkurrenz, ausgelöst durch die billigen Amerikanerwerke bzw. die wahrscheinlich zu der Zeit immer größer werdenden Industrialisierung und Arbeitsteilung war einfach die Zeit der massenweise Herstellung von Uhren mit massiven Platinen und anderen guten Ausstattungsdetails vorbei.
Man hat noch kleinere gute Modelllinie weitergeführt , aber normale mengenmässig hergestelte Wohnraumuhren mussten billiger sein, sonst waren sie im Uhrengeschäft nicht mehr konkurrenzfähig. Denn da hing eine GB oder eine Lenzkirch neben einer Junghans oder HAU und sah ähnlich aus und erfüllte den gleichen Zweck. Die "guten" Uhren konnten nicht mehr in den Massen verkauft werden, wie sie die Fabriken herstellten. Stattdessen verkauften Junghans und die anderen immer größere Mengen.

Diese Umstellung der Qualität hätte bei GB genau so kommen müssen, wenn die Familie Becker in ihrer Fabrik alleine geblieben wäre und die Zeit hätte überstehen wollen. Sie waren auf diesen Zug aber anscheinend nicht früh genug aufgesprungen. Wenn das aber so gewesen wäre, dann würde man das als normale Firmengeschichte sehen und dann hätte Rolf-Dieter nichts dagegen wenn jemand kommt und sagt : "Ich habe hier eine Uhr von GB" auch wenn sie eine Sparplatine hat.

Die Uhren aus der Periode haben aber doch bei einem Sammler oder Liebhaber alter Uhren genau so ihre Daseinsberechtigung wie andere Uhren auch. Preislich wird der Fachmann zwischen den Qualitäten immer Unterschiede machen. Es sei denn es handelt sich um ein rares Stück, da kommt es dann nicht mehr so auf die Qualität an.

Im Taschenuhrenbereich gibt es beispielsweise einige Sammler, die sammeln nur die einfachen deutschen Taschenuhren, wie Thiel, Haller usw.. Beispielsweise "Detlef", der hier auch im Forum Mitglied ist. Er hat hier mal geschrieben, dass ihn andere schon als Schrottuhrensammler bezeichnet haben und er deshalb manchmal Zweifel hat, seine Uhren zu zeigen. So etwas ärgert mich, denn gerade unter diesen Uhren gibt es oft unheimlich interessante Stücke und auch die normalen zeigen uns wie die Herstellung von Uhren geschichtlich abgelaufen ist. Z.B. die Gustav Becker Taschenuhr, die ich hier http://dg-chrono.info/dg-chrono.de/foru ... 662#p21718 mal vorgestellt habe (die aber natürlich auch aus der Zeit der VFU stammt).

Auch bei sehr alten Uhren gibt es doch schon sehr große Qualitätsunterschiede, schon allein regionale und trotzdem werden alle Sorten gesammelt und wir freuen uns über jede Uhr, die hier vorgestellt wird.

Du als Wiener magst ja bestimmt alte Wiener Uhren (ich mag sie auch) , aber von der Qualität und Werksausführung liegt die Masse der Wiener oder süddeutschen Uhren , sagen wir zwischen 1750 und 1850 doch sehr weit hinter englischen und französischen zurück. Wenn ich mir englische Uhren mit ihren dicken Platinen ansehe (die normal üblich waren und keine Ausnahme) oder französische 14 Tage oder sogar 4 Wochen laufende Pendulen mit ihren feinen Werken und mit den fast immer nur 1 oder 3 Tage laufenden süddeutschen oder österreichischen Uhren vergleiche, dann liegen da sehr oft Welten dazwischen. Trotzdem werden die gesammelt und man blickt auf die Besitzer nicht herab. (Ich will natürlich nicht bestreiten, dass es auch sehr gute massive Wiener Werke gibt, aber eben nicht die Masse).

Was mich persönlich angeht, ich würde mir natürlich auch lieber eine Strasser und Rohde hinhängen oder gar eine Riefler, aber die wenigsten von uns (inkl. mir) haben das Geld dafür über. Ich häng mir aber auch eine schöne kleine Pfeilkreuzuhr hin oder eine GB mit Silesiawerk, wenn sie nett aussieht .... und meine Frau auch zustimmt :mrgreen:

Ich finde unter uns Uhrensammlern hat jeder seine Berechtigung auch seine Uhren hier zu zeigen und keiner muss sich schämen und hat es verdient wegen einer Uhren belächelt zu werden , auch nicht wenn auf einer GB-Uhr nach 1900 noch GB drauf steht und man in Rolf-Dieters Augen auch noch den Fauxpas begeht sie als GB zu bezeichnen :P

Und ich denke, dem letzten Satz kannst Du auch uneingeschränkt zustimmen und außerdem denke ich, dass wir in unseren Ansichten in Wirklichkeit gar nicht so weit auseinander liegen.
Für mich macht aber in einem Forum der Ton die Musik und ich fände es immer schade, wenn jemand mit einer Herabwürdigung seiner Uhr vor den Kopf gestoßen wird und dann keine Lust mehr hat ins Forum zu kommen. Schade für ihn und schade für uns. Und das hat es leider hier schon gegeben, allerdings nicht nur wegen GB.

Gruß
Peter

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Re: Sehr alte Gustav Becker Standuhr

Beitrag von Der_Stromer » Fr 9. Jun 2017, 13:43

Taloon hat geschrieben:Der arme Peter tut mir schon fast ein wenig leid, er scheint sich ja ernsthaft mit der Geschichte von Becker auseinandergesetzt zu haben und wird dafür dann noch runter geputzt...

Den anderen Experten empfehle ich mal selbst intensiv zu recherchieren, die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden bietet die Möglichkeit dazu.
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Vielen Dank für diese Artikel, die mir persönlich so natürlich nicht bekannt waren. Sehr interessant und Aufschlussreich. Leider aber nicht viel Neues. Auch in diesen Artikeln wird geschrieben, dass eine "Verschmelzung" durchgeführt wurde.
Was mich aber stutzig macht, ist, dass hier nur von 6 Firmen geschrieben wird, die VFU AG aber 9 Firmen zusammen schloss. Daher kann es sehr wohl sein, dass das erste Bankhaus E. Heimann / Breslau, nach der beschriebenen Versammlung nicht mehr zum Zuge kam und die Berliner Bank - war hier eigentlich als "Bank aus Berlin" zu verstehen - auf Weisung der Kaiserlichen Regierung die Angelegenheit in ihre Hände nahm.

...und Taloon: Geputzt wird hier nur eins: Uhren. Und den Peter "herunter putzen" tun wir (ich) schon mal garnienich :o ! Wir kabbeln uns höchstens verbal.

Ps.: Peter: Problem gefunden und gelöst. Nachdenken hilft meist - bei mir :mrgreen: Um eine Rechtschreibprüfung durchführen zu können, muss ja Erstmal auch ein Wörterbuch installiert sein :oops: . Na ja. Man(n) lernt nie aus......
Hallo aus der Oberpfalz
Rolf-Dieter, der Stromer

http://www.rolf-dieter-reichert.de

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