Vorstellung und Fragen zu Standuhr

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Minzbonbon
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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Minzbonbon » Mi 8. Mär 2017, 18:41

Liebe Kollegen,

ich war dieser Tage in einem Altenheim bei Düsseldorf und dort stand diese englische Standuhr im Foyer, in einem Traumzustand, ein Geschenk einer verstorbenen alten Dame an das Haus. Schaut mal die Bilder, da könnte man glatt auf dumme Gedanken kommen, also wenn die Uhr eines Tages verschwunden ist . . . ;) Die ist stilistisch meiner bis auf die andere Gestaltung des Kopfes wie aus dem Gesicht geschnitten, also ich zweifle jetzt nicht mehr daran, dass mein Gehäuse englisch ist.

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petsch
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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von petsch » Mi 8. Mär 2017, 23:52

Ich bin auch ganz sicher, dass Dein Gehäuse englisch ist, hatte ich ja schon geschrieben. Englische Gehäuse aus dieser Zeit sind , obwohl sie schwer und massiv aussehen oft relativ leicht. Dagegen sind dänische oder schwedische Gehäuse meist massiver und schwerer.
Das Werk dagegen ist kein englisches, das wird wohl schwedisch sein.

Gruß
Peter

Minzbonbon
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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Minzbonbon » Do 9. Mär 2017, 19:24

Stimmt genau, mein Gehäuse ist auch sehr leicht, die Materialstärken des Massivholz sind gering.

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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Minzbonbon » Fr 17. Mär 2017, 19:46

Moinsen zusammen,

ich habe ja nicht viel Zeit, aber heute ein wenig gebastelt. Die Messingscheibe vor dem Minutenzeiger ist jetzt hergestellt, aus dünnem hartem Messingblech erst gebohrt, dann ausgeschnitten und rund geschliffen, dann bombiert, damit sie Spannung aufbaut, wenn man den Vorstecktift einsteckt. Das Bombieren ging ganz einfach, mit einem schön rundgehauenen kleinen Meißelkopf die Scheibe gegen ein Stück Kopfholz gehämmert, drückte sich die Scheibe in der Mitte immer tiefer ein, bis das gewünschte Maß an Verrundung erreicht war. Ein wenn auch klitzekleiner Fortschritt. Siehe Foto.
Jetzt bin ich bei dem ersten Versuch einer Zeichnung von Hemmungsrad und Anker, um die Form des Ankers zu ermitteln. Ich bin mal gespannt, ob meine reichlich eingerosteten Kenntnisse in technischer Mechanik reichen, um das hinzukriegen.
Beim Ausmessen des Hemmungsrades ist mir übrigens aufgefallen, dass sowohl die Winkel an den Zähnen, als auch die Form der Zähne und auch die Teilung über den Kreis verdammt ungleichmäßig und ungenau sind! Und das ist nicht nur Verschleiß, der ist natürlich sichtbar an den blanken Flächen an den Zähnen, aber nicht die Ursache, denn die groben Ungenauigkeiten sind auch da sichtbar, wo sich noch die ursprünglichen Bearbeitungsspuren befinden. Ich habe fast den Eindruck, dass hier irgendwie per Hand und Feile mehr oder weniger freihändig gearbeitet wurde. Kann das sein? Gab es damals nicht schon Maschinen oder Vorrichtungen, die hier eine größere Präzision ermöglichten?
So, jetzt an's Zeichnen. Bis demnächst mal wieder.

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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Minzbonbon » Fr 17. Mär 2017, 22:59

n'Abend zusammen,

so, hier mal die erste Annäherung an einen neuen Anker. Es ist bestimmt verglichen mit einem Lehrbuch (ich habe leider keins zur Hand) etwas dilettantisch gemalt, aber hoffentlich erkennbar. Was denkt ihr, würde das so gehen?

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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Minzbonbon » Sa 18. Mär 2017, 07:33

Moinsen,

kurz nachgereicht: Die genaue Gestaltung der Ankerenden habe ich einem intakten realem Anker eines anderen alten Uhrwerks abgeschaut und angepasst. Die Enden des Ankers tauchen so in Mittelstellung bei r=9mm jedes 0,58 mm tief in den Kopfkreis des Hemmungsrades ein, wenn also der eine Haken freigibt, ist der andere schon 1,16 mm tief eingetaucht. Ist das zu viel? Bei r=8,8 mm wären das noch 0,78 mm. Reicht das auch?

LG - Minzbonbon

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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Minzbonbon » Sa 18. Mär 2017, 13:23

Hallo zusammen,

ich habe jetzt aus zwei Kopien der Zeichnung ein primitives, aber sehr realitätsnahes 5:1 Modell gebaut, und es funktioniert aus meiner Sicht sehr sauber. Die Haken passen gut in die Zahnlücken, der Fall ist auf beiden Seiten gleichmäßig, die beiden Teile kommen sich nicht zu nahe (also nur da wo sie auch voneinander freigehen sollen natürlich), die Winkel / Radien während Rückführung und Hebung sehen auch vernünftig aus und ich glaube, dass auch die Fertigungsungenauigkeiten des Hemmungsrades nicht die Funktion hindern können. Klar, die perfekte Ganggenauigkeit wird es so nicht geben, aber das Werk wird ja wohl schon immer so rustikal gelaufen haben. Ich werde also erstmal nichts am Hemmungsrad machen / lassen.
Der nächste Schritt wird sein, ein ca. 6,5 mm dickes Eisenblech zu besorgen, die Maße 1:1 darauf zu übertragen, aussägen und die Reibungsflächen zu polieren. Ich denke, ich werde den Anker auf seine Welle aufstecken und mit einer Madenschraube fixieren (hat mein anderes altes Eisenplatinenwerk auch), das erlaubt dann auch noch etwas Feinabstimmung, und zum Hartlöten fehlen mir eh die Geräte. Man darf - denke ich - eh ruhig sehen, dass hier ein nachgefertigtes Teil eingebaut wurde. Oder seht ihr das anders?
Würde mich über Kommentare freuen.

LG - Minzbonbon
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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von steffl62 » So 19. Mär 2017, 09:47

Hallo Minzbonbon,
ich hab mich bis jetzt ehrfürchtig rausgehalten weil ich von dieser Art Uhren praktisch keine Ahnung habe. Auch zur Konstruktion des Ankers kann ich hier nicht viel beitragen ich hab so etwas bisher nur für eine Grahamhemmung gemacht. Das einzige was mir aufgefallen ist,ist das die Hebeflächen bei Deinem Originalanker so aussehen als wären sie früher gerade gewesen und bei Deinem Nachbau da aber Runde Hebeflächen wie bei einer Brocothemmung sind.
Zur Fixierung des Ankers auf seiner Welle ist es meiner Meinung nach am Besten und am Einfachsten wenn Du das so wie beim Original löst, und dabei auch mit der originalen Welle arbeitest. Bei einer Madenschraube würde ich mir Sorgen machen das die mit der Zeit locker wird. Bei meinen Wienern gibt es da meistens einen Vierkant auf der Welle und der Anker steckt auf einem Konus mit einem Anschlag der die Position des Ankers fixiert. Gesichert ist der Anker dann entweder nur durch die Reibung auf dem Konus oder auch manchmal zusätzlich durch einen Vorsteckstift. Hier mal ein Beispiel von einem Wiener Regulator ohne Vorsteckstift:
IMG_20170319_091510.jpg
IMG_20170319_091523.jpg
und hier von einem Werk aus der Biedermeierzeit ohne Anschlag und Vorsteckstift, hier hält der Anker nur durch die Reibung auf dem Vierkant:
IMG_20170319_091607.jpg
Löten solltest Du überhaupt komplett vermeiden, bei den Originaluhren war meines Wissens nach nie etwas gelötet. Das ist nur der "Superkleber" den dann spätere Uhrmacher verwendet haben und das der Anker nachgefertigt wurde sollte man meiner Meinung auch sehen, den Originalanker kannst Du ja dem Werk gesondert beilegen.

lg Christian
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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Minzbonbon » So 19. Mär 2017, 12:50

Hallo Christian,

danke für Deine Kommentare.
steffl62 hat geschrieben: Das einzige was mir aufgefallen ist,ist das die Hebeflächen bei Deinem Originalanker so aussehen als wären sie früher gerade gewesen und bei Deinem Nachbau da aber Runde Hebeflächen wie bei einer Brocothemmung sind.
Die alten Ankerflächen sind so unsäglich zernudelt, wenn man die im Original vor sich hat, muss man zu dem Schluss kommen, daran kann man eigentlich gar keine irgendwie definierte Form mehr erkennen. Warum ich die runden Hebeflächen verwende, ich meine, damit könnte man die Rückführung etwas verkleinern. Ich gebe aber zu, dass ich die Rundung einfach wo anders abgekupfert habe.
steffl62 hat geschrieben: Zur Fixierung des Ankers auf seiner Welle ist es meiner Meinung nach am Besten und am Einfachsten wenn Du das so wie beim Original löst, und dabei auch mit der originalen Welle arbeitest. Löten solltest Du überhaupt komplett vermeiden, bei den Originaluhren war meines Wissens nach nie etwas gelötet. Das ist nur der "Superkleber" den dann spätere Uhrmacher verwendet haben und das der Anker nachgefertigt wurde sollte man meiner Meinung auch sehen, den Originalanker kannst Du ja dem Werk gesondert beilegen.
Im Originalteil sind sowohl der Anker als auch der Mitnehmerarm für das Pendel mit Messinglot auf der Welle hart verlötet. Das ist aber nicht die Lösung der Wahl, da gebe ich Dir ganz recht, und ich will es auch nicht übernehmen. Außerdem wurde, um eine Lötfläche für den Anker zu schaffen, die Welle auf halbe Stärke durchgefeilt, auch das gefällt mir nicht. Zusätzlich gibt es das Problem, dass die Zapfen total vermacht sind, sie haben bis zu 5/10 mm Dickenunterschied senkrecht gegen waagerecht gemessen, die sind nicht mehr zu retten, wenn ich die schleife, bis sie richtig rund sind, werden die viel zu dünn. Also müsste ich neue Zapfen als Stifte einsetzen. Gut, kann man machen, aber dann mache ich die Welle vielleicht eher gleich ganz neu und lege die alte Welle samt Anker dem Werk bei.

LG - Minzbonbon

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Re: Vorstellung und Fragen zu Standuhr

Beitrag von Phalos » So 19. Mär 2017, 12:54

Minzbonbon hat geschrieben: Die alten Ankerflächen sind so unsäglich zernudelt, wenn man die im Original vor sich hat, muss man zu dem Schluss kommen, daran kann man eigentlich gar keine irgendwie definierte Form mehr erkennen. Warum ich die runden Hebeflächen verwende, ich meine, damit könnte man die Rückführung etwas verkleinern. Ich gebe aber zu, dass ich die Rundung einfach wo anders abgekupfert habe.
Genau das ist der Grund, warum die Hebeflächen einen Radius aufweisen.
"'S muss a Blede geb'n, aber 's werden hoit ollawei mehrad!" - Meister Eder

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